Rassenkunde des deutschen Volkes

Hans F. K. Günthers Rassenkunde des deutschen Volkes gehört zu den einflussreichsten rassenkundlichen Schriften der Zwischenkriegszeit. Das Buch erschien im Münchener Verlag J. F. Lehmann in zahlreichen Auflagen und prägte – über eine weite Verbreitung – die zeitgenössischen Debatten um Abstammung, „Volk“ und nationale Identität. Inhaltlich verbindet es eine stark typisierende Darstellung des „deutschen“ Bevölkerungskörpers mit einem fest gefügten Klassifikationsschema; der Text ist damit eine zentrale Quelle für die Geschichte der Rassenanthropologie und ihrer politischen Deutungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Günther ordnet den Stoff systematisch nach vermeintlichen „Rassentypen“ und beschreibt sie anhand äußerer Merkmale, Charakterzuschreibungen und kulturhistorischer Beispiele; üblich sind Tabellen, Karten, Diagramme und Bildtafeln, die den Text veranschaulichen. Editions- und Ausstattungsmerkmale variieren je nach Ausgabe (Satz, Umfang, Bildteil), die argumentative Anlage bleibt jedoch konstant: Aus physiognomischen und anthropometrischen Beobachtungen wird ein normierendes Gesamtbild abgeleitet. Aus heutiger Sicht ist die Schrift wissenschaftsgeschichtlich als ideologiegebundene Rassenanthropologie einzuordnen; ihr Wert liegt nicht in der fachlichen Gültigkeit, sondern im dokumentarischen Charakter einer Epoche.

Für Historiker und Forscher bietet das Werk unmittelbares Material zur Wissens-, Politik- und Rezeptionsgeschichte rassenkundlicher Entwürfe; Sprache, Bildauswahl und Systematik lassen sich quellenkritisch untersuchen. Lehrer und Professoren können den Band als Anschauungsstück einsetzen, um Begriffe, Argumentationsmuster und didaktische Reduktionen der Zeit zu analysieren. Sammler finden – über die unterschiedlichen Drucke und Auflagen – ein charakteristisches Stück der Verlagstätigkeit von J. F. Lehmann. Geschichtsinteressierte Privatpersonen erhalten einen dichten Einblick in Denk- und Deutungsmuster, die die ideologische Formierung der dreißiger Jahre mit vorbereitet haben, und können diese im Originalton der Quelle nachvollziehen.