Paul Schultze-Naumburgs Kunst und Rasse gehört zu den einflussreichsten kulturpolitischen Programmschriften der späten Weimarer Jahre und der frühen NS-Zeit. Der Architekt und Publizist verbindet hierin ästhetische Urteile mit rassenideologischen Annahmen und versucht, aus körperlichen Merkmalen und „artgemäßer“ Lebensführung Maßstäbe für Kunst, Architektur und Alltagsform abzuleiten. Charakteristisch ist der stark illustrative Zugriff: zahlreiche Vergleichstafeln – von Kunstwerken über Porträts bis zu Alltagsaufnahmen – sollen „gesunde“ und „krankhafte“ Erscheinungen kontrastieren und so einen normativen Kanon begründen. Die Darstellung ist bewusst vereinfachend angelegt, um ästhetische Vorlieben, kulturelle Leitbilder und gesellschaftliche Erwartungen zu einem geschlossenen Deutungssystem zu verschmelzen.
Historische Entstehung: Das Buch entstand in einer Phase angespannter Debatten über Moderne und Tradition. Es knüpft an zeitgenössische Kulturkritik an und wurde nach 1933 in die offizielle Kulturpolitik integriert; seine Argumentationsweise – die Gleichsetzung von Schönheit, „Art“ und Wert – trug zur ideologischen Rahmung von Kunsturteilen und zur Abwertung moderner Strömungen bei. Editions- und Ausstattungsmerkmale variieren je nach Ausgabe, gemeinsam ist den Drucken die betont anschauliche Bildführung, die den Text argumentativ stützt und popularisiert.
Für Historiker und Forscher bietet Kunst und Rasse unmittelbares Quellenmaterial zur Verbindung von Ästhetik, Biologie und Politik im 20. Jahrhundert; Sprache, Bildauswahl und Belegführung lassen sich quellenkritisch als Instrumentarium der kulturpolitischen Lenkung analysieren. Lehrer und Professoren können den Band als Anschauungsstück einsetzen, um Begriffe, Argumentationsmuster und Bildrhetorik der Zeit zu erschließen. Sammler erhalten mit den reich bebilderten Ausgaben ein charakteristisches Stück der damaligen Verlagspraxis, während geschichtsinteressierte Privatpersonen einen dichten Einblick in die Denk- und Deutungsmuster gewinnen, mit denen Kunsturteile normiert und gesellschaftlich wirksam gemacht wurden.